Koexistenz von Bestäubern: Was uns der Fall Giannutri lehrt
- Julia Tertinek, ÖEIB
- 24. Juli
- 2 Min. Lesezeit
Im Juni 2025 entschied das Verwaltungsgericht der Toskana in Florenz zugunsten eines italienischen Imkereibetriebs, La Pollinosa. Die Entscheidung fiel nach einem Rechtsstreit, der 2024 begann, als der Nationalpark Toskanischer Archipel die Genehmigung zur Wiederansiedlung von Ligustica-Honigbienenvölkern auf der Insel Giannutri mit der Begründung verweigerte, dass eine Konkurrenz zwischen Apis mellifera und wilden Bestäubern bestehen könnte. Die Entscheidung des Parks wurde von La Pollinosa mit Unterstützung mehrerer nationaler und regionaler Imkervereinigungen, darunter UNAAPI, einem langjährigen Mitglied von BeeLife, vor Gericht angefochten.

Das Gericht hat die Verwaltungsentscheidung des Parks für nichtig und rechtswidrig erklärt und dabei das Fehlen einer kontradiktorischen Anhörung hervorgehoben, obwohl der Park selbst zuvor Genehmigungen für dieselbe Tätigkeit erteilt hatte.
In dem Urteil heißt es, dass der Park angesichts der Kritik von La Pollinosa an den wissenschaftlichen Begründungen des Parks keine Gegenargumente vorgebracht habe und stattdessen ausschließlich auf die Wiederholung der Ergebnisse der Studien, auf die er sich stützte, bestanden habe, ohne auf die Kritik der Berufung hinsichtlich der methodischen und inhaltlichen Unzuverlässigkeit der Studien einzugehen.
Das Gericht hat außerdem den Grundsatz aufgestellt, dass die nomadische Bienenzucht laut Gesetz „eine aus administrativer Sicht freie Tätigkeit“ ist, und bekräftigt, dass die Vorschriften des Parks die Bienenzucht unter bestimmten gesundheits- und biodiversitätsschützenden Bedingungen ausdrücklich zulassen. Der Park hat gegenüber La Pollinosa nie Beschwerden hinsichtlich dieser Bedingungen vorgebracht.
Eine umfassendere Reflexion über die Koexistenz von Bestäubern
Dieser Fall spricht eine breitere und zunehmend aktuelle Debatte an: die Beziehung zwischen domestizierten Bestäubern wie Honigbienen und wilden Bestäuberarten. Wir bei BeeLife sind der Meinung, dass dieses Thema nicht durch vereinfachende Verbote oder unüberprüfte Vorsorgeprinzipien gelöst werden kann, sondern durch wissenschaftlichen Dialog, rechtliche Klarheit und gegenseitigen Respekt zwischen den Umweltakteuren angegangen werden muss.
Bestäuber sind wichtige Indikatoren für die Gesundheit der Umwelt. Während die Wechselwirkungen zwischen den Arten ernsthaft untersucht werden müssen, müssen alle Entscheidungen, die die Imkerei betreffen, auf soliden Daten, transparenten Verfahren und inklusiver Governance beruhen.
Forschung, Interessenvertretung und Klarheit
Als Reaktion auf die Fragen, die durch den Fall Giannutri und ähnliche Fälle in ganz Europa aufgeworfen wurden, kündigt BeeLife die Durchführung einer speziellen Studie auf europäischer Ebene über die Koexistenz von wilden und gezüchteten Bestäubern an, die im Laufe des Jahres 2025 durchgeführt werden soll.
Ein Aufruf zur Verantwortung
BeeLife begrüßt das Urteil von Giannutri als Meilenstein für eine wissenschaftlich fundierte Umweltpolitik. Es erinnert uns daran, dass die verantwortungsvolle Bienenzucht Teil der Lösung für die biologische Vielfalt ist und nicht das Problem. Naturschutzmaßnahmen dürfen gezüchtete Bestäuber nicht zu Sündenböcken für die allgemeine ökologische Verschlechterung machen, die durch den Verlust von Lebensräumen, den Einsatz von Pestiziden und die Intensivierung der Landwirtschaft verursacht wird.
Wir fordern Behörden, Medien und Zivilgesellschaft auf, den Schutz von Bestäubern mit Nuancen, Transparenz und Einigkeit anzugehen. Die Verteidigung der Biodiversität bedeutet die Verteidigung sowohl der wilden Ökosysteme als auch der ländlichen Gemeinschaften, die durch nachhaltige Praktiken wie die Imkerei zu ihrem Erhalt beitragen.
Übersetzt aus dem englischen von Peter Frühwirth.
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